Pferde in Gruppen - Laufställen

Offenstallbewohner der ersten Stunde
Offenstallbewohner der ersten Stunde

Pferde haben 6 Grundbedürfnisse, die wir als Halter erfüllen sollten.
Pferde sind:

Nur wenn wir Halter diese Bedürfnisse erfüllen, kann man von einer artgerechten Tierhaltung sprechen. Aber was bedeuten diese Bedürfnisse?

Um Pferde artgerecht zu halten, sollte man eine größerer Gruppe auf eine riesengroße nicht zu “fette” Wiese stellen, dort ein paar Schatten und Witterungsschutz gebende Bäume haben und die Pferde sich selbst überlassen.

Da dies in Ballungsgebieten so nicht möglich ist, wurde die Idee geboren, einen Stall zu bauen, der den oben genannten Idealen möglichst nahe kommt:

Der Laufstall mit Funktionsbereichen

Wir versuchen mit unserem Stall dies zu realisieren. Hier gibt es:

  • befestigte, weite Paddockflächen die zum Liegen und Dösen einladen (Wächter) , aber auch jede Gangart ermöglichen (Lauftier)
  • einem großen, witterungsgeschützten aber offenen Ruheraum mit einer Kapazität für bis zu 20 Pferden (Klimawiderständler, Herdentier)
  • einen langen Weg zur beheizten Tränke (Frischlufter, Lauftier)
  • computergesteuerte, großzügige Raufutter Fressbereiche die immer wieder aufgesucht werden können (Dauerfresser)
  • computergesteuerte Kraftfutter Fressbereiche, damit die Verteilung des Futters gleichmäßig über den Tag erfolgt (Dauerfresser)

Unser langer Weg zum optimalen Stall ist hier zu finden….

Ein Lauftier braucht Bewegung:

Leben im Offenstall Frühjahr 2017
Leben im Offenstall Frühjahr 2017

Reiten alleine reicht unseren Pferden in der Regel nicht aus. In der freien Natur bewegt sich ein Pferd täglich ca. 16 Stunden, vorwiegend im ruhigen Schritt und legt dabei bis zu 30 km zurück. In den gängigen Haltungssystemen legen die Pferde nach einer Untersuchung von Dr. Margit Zeitler-Feicht (Universität Weihenstephan) zum Vergleich folgende Wegstrecken zurück:

  • Naturnahe Haltung 6-17 Kilometer
  • 24 Stunden Weidegang 8,4 Kilometer
  • Offenstall mit Funktionsbereichen 4,8 Kilometer
  • Tagesweide (12 Stunden) 3,5 Kilometer
  • Offenstall ohne Funktionsbereiche 1,8 Kilometer
  • Einzelbox ohne Weidegang 0,17 Kilometer
 

Von allen Stallsystemen schneidet dabei der Offenstall mit Funktionsbereichen am besten ab. Als Funktionsbereiche bezeichnet man dabei die Bereiche Kraftfutter fressen, Heu fressen, Ruhen, Trinken und Laufen. Idealer Weise liegen diese Bereiche so weit es geht auseinander.

Durch die Trennung dieser Bereiche wird zum einen vermieden, dass sich die Pferdegruppe an einem Punkt im Stall konzentriert und zum anderen sind die Pferde immer zwischen den verschiedenen Bereichen unterwegs. Idealerweise sind dabei die Wege durch Hindernisse und Zäune verlängert. Der Motor, der ein solches System in Gang hält ist entweder der Mensch, der immer wieder Bewegungsanreize schafft oder ein zentraler Computer, der dieses durch Futterreize auslöst.

Ein Herdentier braucht Gesellschaft:

Pferde gemeinsam auf der Weide
Pferde gemeinsam auf der Weide

In freier Wildbahn leben Pferde in festen Familienverbänden. Die Tiere kennen und vertrauen einander. Wenn ab und zu doch ein Tier die Herde wechselt, geschieht dies nicht zufällig, sondern um das Gleichgewicht in der Gruppe zu stabilisieren. So können etwa Jungtiere der Herde verwiesen werden, wenn sie charakterlich nicht passen oder wenn einem Althengst seine Gruppe zu groß wird, als dass er sie allein führen und beschützen könnte. Auch Stuten können die Herde wechseln, wenn sie sich nicht wohlfühlen. Dann sortiert sich die Gruppe neu und anschließend herrscht wieder Ruhe. Die langfristige Stabilität ist im Sinne der Tiere, denn Kämpfe um Rangplätze sind kraftraubend. Das versuchen die Herdentiere zu vermeiden. Da alle genügend Platz haben, um im Zweifelsfall einem Konflikt aus dem Weg zu gehen, ist das in der Wildnis kein Problem.

Bezogen auf die Stallhaltung bedeutet dies, je größer die Gruppe desto besser verteilen sich die Unterschiede zwischen ranghoch und rangniedrig und um so besser ist das Integrationsvermögen der Herde. Alle korrekt geplanten Ställe mit großen Gruppen funktionieren daher besser als die Ställe mit kleinen Gruppen.

Nicht verschwiegen werden darf in diesem Zusammenhang das Problem der Überbelegung im Offenstall. Bei Boxen kommt (normalerweise) genau ein Pferd in eine Box. Beim Offenstall ist die Versuchung groß, mit geringen Mehrkosten und Mehrarbeit durch Hinzunahme von mehr Pferden den Gewinn zu steigern. Leider geht das nicht, denn jetzt fehlt ein entscheidendes Kriterium: Platz! So kommt eine gute Sache in einen schlechten Ruf!

Ein Wächter muss seine Sinne einsetzen können:

Tränke im Offenstall
Tränke mit Fernsicht

Pferde gucken kein Fernsehen. Sie schauen aber gerne, zur Kontrolle des Umfeldes, in die Ferne und schärfen somit ihre hochempfindlichen Sinne. Diese müssen auch besonders aktiv sein, schützen sie doch das Pferd, als unbewaffnetes Fluchttier, vor drohender Gefahr. Ständige Wachsamkeit ist also angesagt.

Wird dem Pferd durch eine nicht artgerechte Haltung die Möglichkeit genommen, diese Sinne zu beschäftigen, kommt es oft zu Übersprungsreaktionen wie zum Beispiel Koppen oder Weben.

Eine weitere Folge dieser Verarmung ist eine Reizüberflutung, wenn ein solches Pferd einmal bei einem Ausritt im Gelände geritten wird. Unvorhersehbare Reaktionen gefährden Pferd und Reiter!

Ein Dauerfresser benötigt mehr als nur zwei Mahlzeiten:

unsere Heufütterung für leichtfutterige Pferde
unsere Heufütterung für leichtfutterige Pferde

Pferde haben immer Appetit. Der kleine Magen der Pferde macht eine möglichst häufige Futteraufnahme in kleinen Portionen notwendig. Lange, über den Tag verteilte Freßzeiten sorgen für Beschäftigung und befriedigen das Kaubedürfnis. Dabei sollte das Pferd das Futter in seiner natürlichen Freßhaltung mit möglichst tiefem Kopf aufnehmen können.

Bei der Haltung einer größeren Herde ist außerdem darauf zu achten, dass das Futter individuell zugeteilt wird.

Diese Anforderungen sind in einem Stall durch Menschen nicht zu leisten bzw. nicht zu bezahlen. Erst das Fütterungsprogramm einer computergesteuerten Futterzuteilung ermöglicht diese natürliche Art der Futteraufnahme. Man unterscheidet hier zwischen Kraftfutter- und Raufutteraufnahme, die möglichst an zwei getrennten Orten erfolgt.

Für die Raufutteraufnahme werden die Pferde in zwei Gruppen aufgeteilt. Pferde die eher schwerfutterig sind und daher ad libitum Heu fressen dürfen und solche deren Heu rationiert werden muss, damit Sie nicht aussehen, als ob sie schwanger wären.

Die erste Gruppe wird durch die Steuerung zu einer oder mehreren großen Heuraufen geleitet, die immer gefüllt sein sollten. Dadurch, dass in der Nähe der Heus kein Wasser zu bekommen ist, werden die Pferde diesen Bereich immer wieder verlassen.

Die Pferdegruppe mit den rationierten Heuportionen bekommt das Heu über einen Einzeldosierer. Hier werden den Pferden Fresszeiten zugeteilt. So bekommt ein bsonders schnell fressender, leichtfutteriger Haflinger vielleicht nur die Hälfte der Fresszeit eines gemütlichen Kaltbluts, das zwar gut verwertet aber viel langsamer frisst. Dieses Zeitkontingent wird vom Computer über den Tag verteilt und ermöglicht so eine naturnahe Futterverteilung.

Computer gesteuerter Kraftfutterdosierer
Computer gesteuerter Kraftfutterdosierer

Im Kraftfutterstand versorgt der Computer die Pferde mit kleinen Portionen unterschiedlichster Futtersorten, denn der Verdauungstrakt kann insbesondere beim Kraftfutter immer nur kleine Mengen an Futter problemlos aufnehmen und umsetzen. Die Pferde werden dadurch auch für Koliken unempfindlicher.

Neben der täglichen, wenn möglich mehrmaligen Kontrolle durch den Stallbetreiber bietet die Computerfütterung die zusätzliche Kontrolle, ob alle Pferde ihre Ration bekommen haben.

Weitere Vorteile die sich direkt oder indirekt aus dem Einsatz einer computergesteuerten Fütterung ergeben:

Für das Pferd:

  • Die Pferde fühlen sich wohler und sind gesünder, da sie genug bewegt werden und das Futter in kleinen Portionen den ganzen Tag über zugeteilt bekommen.
  • Durch die häufige Fütterung ist der Futterneid der Pferde nicht mehr so groß, die Tiere sind weniger aggressiv.
  • Der „Bewegungsstall“ erfüllt die sozialen Bedürfnisse der Pferde. Deshalb gibt es kein „Koppen“, „Weben“ oder andere Untugenden mehr.

Für den Reiter:

  • Wann immer er zum Reiten kommt, das Pferd hat keinen überfüllten Magen-Darm-Trakt und ist somit leistungsbereiter.
  • Das Pferd muss nicht mehr unbedingt täglich bewegt werden. Der Pferdebesitzer braucht kein schlechtes Gewissen zu haben, wenn er am Besuch des Stalles gehindert wird.
  • Die Tierarztkosten als Folge von Haltungsmängeln werden spürbar gesenkt.

Für den Stallbetreiber (das soll nicht verschwiegen werden!):

  • Die Futterkosten werden reduziert, da besser und wirkungsvoller verdaut wird.
  • Man spart Arbeitszeit, da bei der Stallarbeit mehr Maschinen verwendet werden können. Zusätzlich kann man die Arbeitszeiten frei wählen, da die fixen Futterzeiten durch den Technikeinsatz entfallen.
  • Die Arbeit im Stall ist stressfreier, da die Pferde aufgrund der häufigen Fütterung ruhiger sind und nicht mehr nervös auf die Futterzuteilung warten.

Ein Klimawiderständler braucht kein Haus:

Pferde entspannen im Offenstall auch ohne Dach
Pferde entspannen im Offenstall auch ohne Dach

Pferde wohnen in der Natur nicht in dunklen Höhlen. Sie kommen aus den baumlosen Steppen, wo sich ständig Wind und Wetter abwechseln und so den gesamten Organismus des Pferdes trainieren. Dabei trägt das Sonnenlicht zu einem gesunden Stoffwechsel bei und steuert auch seinen Biorhythmus. Extreme Klimaschwankungen und Temperaturstürze von 20 Grad pro Tag können sie daher gut verkraften.

Nicht nur sehr tiefe Temperaturen werden dabei von den Pferden durch Winterfellbildung gut vertragen, auch große Hitze stellt für ihren Organismus kein Problem dar. Pferde haben im Gegensatz zu Rindern oder Schweinen sehr viele Schweißdrüsen und können so durch Verdunstung des Schweißes ihren Körper effektiv kühlen.

Ob aber ein Pferd Hitze und Kälte gut verträgt, hängt wesentlich davon ab, dass diese Abpassungsfähigkeit trainiert wird. Ist dem Pferd dagegen durch immer gleichbleibende mittlere Temperatur im Stall die Möglichkeit genommen, die Apassungsfähigkeit zu trainieren, verliert es diese und damit ist es äußerst empfindlich gegen jede Klimaänderung.

Der zweite Faktor, das Licht hat, wie oben schon erwähnt, einen großen Einfluss auf das Wohlergehen. Durch das Licht werden unter anderem Vitamine gebildet und Hormone gesteuert. Das die Pferde Licht genießen , kann man in Laufställen immer wieder beobachten, wenn sich Pferde in Reih und Glied nebeneinander zum Sonnenbaden aufstellen.

Individueller Ruhebereich an der Liegehalle
Individueller Ruhebereich an der Liegehalle

Für die Stallhaltung bedeutet dies, dass der Stall dem Außenklima folgen sollte (der sogenannte Kaltstall). Die Mindestvorgaben beim Licht sprechen von einer Lichtfläche von einem Quadratmeter je Pferd.

Weiter sollte in einem Laufstall genügend Raum vorhanden sein, dass sich alle Pferde unterstellen können. Dieser Raum darf nicht abgeschlossen sein. Er muss es den Pferden ermöglichen ihren Aufenthaltsort selbst frei zu wählen. Dazu ist es zwingend notwendig, dass eine möglichst große Zahl von Ein- und Ausgängen existiert, damit diese nicht durch ranghohe Tiere blockiert werden können.

Um Störungen und Rangkämpfe in diesem Raum zu vermeiden, sollte er ausser zum Ruhen keinem weiteren Zweck dienen (keine Tränken, keine Raufen und idealer weise auch keine Stroheinstreu).

Ein Frischluftler braucht saubere Luft:

Liegehalle mit Bio-Waldboden
Liegehalle mit Bio-Waldboden

Pferde möchten am liebsten immer in Luft-Kurorten leben, denn das hochleistungsfähige Atemorgan, die Pferdelunge, verträgt nur staub- und bakterienfreie Luft.

Bezogen auf eine Stallhaltung heißt dies:

  • keine schimmelige / staubige Einstreu
  • keine Ammoniakdämpfe aus der Einstreu in der Luft
  • eine gute Lüftung muss gewährleistet sein
  • während der staubigen Stallarbeit sollte kein Pferd im Stall sein

In unserem Laufstall haben wir diese Forderungen umgesetzt!

Nach langem Suchen haben wir für unseren Stall die ideale Einstreu gefunden: Bio-Waldboden ist eine Einstreu aus Grünkompost, Holzhackschnitzeln und einigen anderen Zutaten. Diese bei uns ca. 40 cm dicke Schicht nimmt den Pferdeurin auf und verarbeitet ihn so, dass kein für die Pferde schädlicher Amoniakdampf entsteht. Durch die weitgehend offene Gestaltung der Liegehalle ist zudem immer ein steiger Luftaustausch gegeben.